Immer mehr Winzer greifen auf alternative Verschlüsse wie Glaskorken oder Schraubverschlüsse zurück, um ihre Weine vor unerwünschten Einflüssen zu schützen. Besonders der klassische Korkton, der Weine ungenießbar machen kann, scheint durch diese modernen Verschlüsse vermeidbar. Doch was, wenn ein Wein trotz Glaskorken oder Schraubverschluss nach Kork riecht und schmeckt? Das Phänomen, einen Wein mit Korkton in der Nase und am Gaumen vorzufinden, obwohl kein Kork verwendet wurde, ist überraschend und verwirrend. Doch es gibt wissenschaftlich fundierte Erklärungen dafür.
Was ist der Korkton?
Der Korkton, auch als „Korkschmecker“ bekannt, ist ein Weinfehler, der durch den Stoff 2,4,6-Trichloranisol (TCA) verursacht wird. Dieser sorgt für einen unangenehmen muffigen Geruch, der oft als nasser Karton, modriges Holz oder feuchter Keller beschrieben wird. Schon winzige Mengen von TCA im Wein reichen aus, um diesen ungenießbar zu machen.
Korkton trotz Glaskorken oder Schraubverschluss?
Das Besondere am Korkton ist, dass er zwar klassisch mit Naturkorken in Verbindung gebracht wird, aber nicht ausschließlich von diesen stammt. Weine, die mit Glaskorken oder Schraubverschlüssen verschlossen sind, können ebenfalls von TCA kontaminiert sein. Doch wie kommt der Korkton in den Wein, wenn kein Kork verwendet wurde?
Es gibt verschiedene Wege, wie TCA in den Wein gelangen kann, die nicht zwangsläufig mit dem Verschluss zu tun haben:
- Kontaminierte Kellerumgebung: TCA kann aus kontaminierten Holzfässern, Lagerhallen, Regalen oder anderen hölzernen Materialien im Weinkeller stammen, die in Kontakt mit dem Wein kommen. Diese Verunreinigung kann durch die Luft auf den Wein übertragen werden.
- Verunreinigte Produktionsmaterialien: Auch Schläuche, Filter oder andere Geräte, die bei der Weinherstellung verwendet werden, können TCA enthalten. Selbst kleinste Mengen dieser Chemikalie können reichen, um den Korkton zu verursachen.
- Reinigungsmittel: Chlorhaltige Reinigungs- oder Desinfektionsmittel, die in der Kellerei verwendet werden, können mit bestimmten Mikroorganismen reagieren und zur Bildung von TCA führen. Diese Chemikalien können durch verschiedene Materialien (z.B. Holz oder Karton) in die Produktionskette gelangen und letztlich den Wein beeinflussen.
- Trauben selbst: In seltenen Fällen kann TCA sogar über die Trauben selbst in den Wein gelangen, wenn die Reben in einer Umgebung wachsen, in der bereits TCA vorkommt, beispielsweise durch kontaminierte Böden oder Pflanzen.
Chemischer Hintergrund: Was ist TCA?
Der Stoff, der den Korkton verursacht, 2,4,6-Trichloranisol (TCA), gehört zur Gruppe der Chloranisole. Diese Verbindungen zeichnen sich durch eine extrem niedrige Geruchsschwelle aus – das heißt, schon geringste Mengen, oft im Bereich von Nanogramm pro Liter, können den typischen Korkton hervorrufen. TCA entsteht, wenn natürliche Phenole, wie sie in Kork, Holz oder auch Karton vorkommen, mit Chlor in Kontakt kommen. Dieser Prozess wird durch Mikroorganismen katalysiert, die die chlorierten Phenole in TCA umwandeln.
Wie kann man sich schützen?
Für Winzer und Weinproduzenten gibt es heute verschiedene Methoden, das Risiko einer TCA-Kontamination zu minimieren:
- Vermeidung von chlorhaltigen Reinigungsmitteln: Der Einsatz alternativer Reinigungs- und Desinfektionsmittel hilft, die Bildung von TCA zu verhindern.
- Saubere Produktionsumgebung: Regelmäßige Kontrollen und Sauberkeit im Weinkeller sind essenziell, um eine Verbreitung von TCA zu vermeiden.
- Kontrolle der Verschlüsse und Materialien: Auch wenn Glaskorken und Schraubverschlüsse sicherer erscheinen, sollten sie auf mögliche Kontaminationen geprüft werden.
- Innovative Technologien: Einige Hersteller setzen auf spezielle Verfahren, um ihre Korken oder Materialien auf TCA zu testen und betroffene Chargen frühzeitig auszusortieren.
Fazit
Der Korkton ist längst nicht mehr nur ein Problem von Weinen mit Naturkorken. Auch Weine mit Glaskorken oder Schraubverschlüssen können diesen sensorischen Fehler aufweisen, da TCA auf verschiedenen Wegen in den Wein gelangen kann. Es erfordert strenge Kontrollen und saubere Herstellungsprozesse, um das Risiko zu minimieren. Dennoch bleibt TCA ein hartnäckiger Gegner, dem die Weinindustrie stetig mit neuen Innovationen entgegenwirkt. Als Konsument bleibt im Fall eines korkgeschädigten Weins jedoch nur der Umtausch oder die Entsorgung.